Oh, Honey!

Wie wird man Imker – ausgerechnet in New York City?

Seit 2010 ist es in New York glücklicherweise wieder legal, Imker zu werden. Seit etwa 1999 war es illegal. Der damalige Bürgermeister Rudolph Giuliani hatte ein Gesetz gegen die Haltung exotischer Tiere erlassen - im Grunde das gleiche Gesetz, das besagt, dass man keinen Tiger in seinem Haus halten darf, verbot auch die Bienenhaltung. Einige Leute setzen sich jedoch schließlich erfolgreich dafür ein, dieses Gesetz zu überarbeiten, so dass die Honigbienen von der Liste gestrichen wurden. So konnte ich 2012 vier Imker-Kurse im Winter belegen und dann habe ich diesen Garten hier in Queens gefunden. Am ersten Tag, an dem ich mit der Imkerei anfing, hatte ich ganz schön Bammel, weil der Unterricht mich nicht darauf vorbereitet hatte, wie es wirklich ist, mit einer Kiste mit - damals - 12.000 stechenden Insekten zu arbeiten. Inzwischen habe ich während der Saison bei jeder Ernte etwa 50.000 stechende Insekten um mich. Man wird also wirklich nur durch Erfahrung zum Imker - und das dauert Jahre. Schließlich habe ich mich an der Cornell University im Bundesstaat New York noch zum Imkermeister ausbilden lassen.

 

Sie können also auch andere zum Imker ausbilden?

Unterrichten will ich nicht - eher ein Mentor sein. Wenn jemand sagt, sie oder er möchte Bienen halten und schenkt mir ihre Zeit - dann teile ich gerne mein Wissen mit ihm oder ihr. Wichtig ist mir , anderen unsere Umwelt näher zu bringen. Ich wurde in den letzten Jahren öfters in Schulen eingeladen um den Schülern etwas über Bienen beizubrigen. Das ist toll -  ich nehme einen Beobachtungsbienenstock mit, sodass die Kinder einmal einen Bienenstock von innen sehen, dann gaben wir ihnen Honig mit nach Hause und sie stellten mir Fragen... ein riesiger Spaß. Im ersten Jahr hatte ich zwei Schulen, im letzten Jahr vier. Und dieses Jahr wahrscheinlich acht. Ich finde es lustig. Es ist wie Lehrer sein, ohne sich mit dem ganzen Papierkram herumzuschlagen!

 

Wie viele Bienenstöcke oder Standorte haben Sie?

Ich habe 11 verschiedene Standorte. Sechs davon sind in Queens und ich habe noch vier Standorte in Upstate. Oder jetzt vielleicht nur noch drei - einer davon ist nämlich auf dem Grundstück meiner Tochter und ein Bär hat gerade versucht, die Bienen zu vernichten. Lustige Tatsache: Bären wollen nicht den Honig. Nein, sie wollen Proteine, sie wollen die Bienenlarven. Was natürlich nicht so niedlich ist, wie sich einen Bären mit einem Honigtopf vorzustellen. 
Aber wie auch immer, jetzt werde ich auch in Manhattan einen neuen Standort haben - auf Eurem Hoteldach!

 

Gibt es einen Unterschied zwischen Bienen in der Stadt und Bienen auf dem Land?

Ja, in der Stadt bekomme ich weniger Honig aus jedem Bienenstock, aber ich habe das Gefühl, dass die Bienen in der Stadt gesünder sind. Das klingt paradox, aber das liegt daran, dass es in der Stadt per se keine Landwirtschaft gibt. Es werden wenig Pestizide eingesetzt. Alle denken, dass die Umweltverschmutzung in New York ein Problem ist, aber unsere Stadt ist so sauber wie noch nie. Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind - ich habe immer in Brooklyn und Queens gelebt - von meinem Haus aus auf die Stadt blicken konnte, und sie war grau. Jetzt sieht man blauen Himmel. Wir haben die Stadt sehr gut gesäubert, so dass es keine wirkliche Verschmutzung gibt, über die ich mir Sorgen mache. Auf dem Land hingegen habe ich Freunde, die ihre Bienenstöcke verloren haben, weil der Bauer nebenan GVO-Pflanzen und Pestizide verwendet. Die Bienen auf dem Land leben also in einer viel gefährlicheren Umgebung.

 

Apropos gefählich: Können Sie noch zählen, wie oft Sie schon gestochen wurden?

Nein, und ich will es auch gar nicht erst versuchen. Dieses Jahr hat meine Tochter geheiratet und ich musste ihr versprechen, mich in der Woche davor von den Bienen fern zu halten. Denn irgendwann wurde ich gestochen und meine ganze Gesichtshälfte schwoll an. Meine Tochter wollte nicht, dass ich auf ihren Hochzeitsbildern wie Quasimodo aussehe. Aber ein gutes Beispiel: In diesem Gemeinschaftsgarten veranstalte ich eine Art "Komm und lerne die Bienen kennen"-Erlebnis. Menschen kommen hierher, treffen mich und wir sprechen über Bienen und probieren Honig. Im Laufe der Jahre waren hier über 200 Personen und insgesamt hat es fünf Stiche gegeben. Die alle ich abbekommen habe! Alle an meinen Fingern, weil ich versehentlich die Bienen einqequetscht habe. Daran sieht man, dass man nicht gestochen wird, wenn man sich richtig verhält. Ich möchte ja auch nicht, dass sie mich stechen. Gar nicht so sehr weil es weh tut, sondern weil es sie aufregt, wenn welche sterben. Der Bienenstock braucht dann etwa einen Tag, um sich zu beruhigen. Und wenn sie nicht entspannt sind, produzieren sie keinen Honig. Ich versuche also immer, meine Bienen möglichst relaxed und glücklich zu halten, damit es auch mehr Honig für uns gibt.

Wie finden die Bienen in dieser Stadt denn Futterplätze?

Bienen haben ein bemerkenswertes Sehvermögen. Sie sehen nicht so wie wir, sondern sehen auch im ultravioletten Spektrum. Es gibt Blumen, die tatsächlich ultraviolette Farben besitzen. Auch wenn die Bienen also in der Höhe fliegen, können sie Blumenfelder weiter unten erkennen. Der Unterschied zwischen Honigbienen und anderen Bienen ist ihre Kommunikationsfähigkeit: Sie kehren zum Bienenstock zurück und teilen mit, wenn sie eine gute Nahrungsquelle gefunden haben. Und sie bringen all ihren Schwestern einen kleine Kostprobe mit, sozusagen. Sie führen einen Tanz auf, indem sie mit ihrem Bienen-Popo wackeln, um den anderen mitzuteilen, wie weit sie entfernt sind und in welche Richtung sie fliegen müssen. Dann nutzen sie die Sonne zur Navigation.

 

Unsere Bienen werden hoch oben auf dem Dach leben. Wie wird das genau funktionieren?

Das wird tatsächlich auch für mich eine neue Erfahrung, denn der höchste Bienenstock, den ich bislang habe, liegt vier Stockwerke hoch - das Hoteldach ist 30 Stockwerke hoch. Aber als ich vor Ort war, ist mir gleich die Baumgruppe im Memorial Garden aufgefallen, und diese Bäume - Lindenbäume - sind tatsächlich eine sehr gute Nektarquelle. Unsere Bienen werden also direkt dorthin fliegen - und im Juli, wenn diese Bäume blühen, werden sie den meisten Nektar bekommen. Ich plane, zunächst zwei Bienenstöcke aufzustellen, also werden während der Hochsaison dort oben etwa 50.000 Bienen pro Bienenstock leben.

 

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Nun, ich hoffe, dass ich meine Imkerei rentabel machen kann. Und ich habe 2018 eine gemeinnützige Organisation namens Queens Beekeepers Guild gegründet, die ich weiter fördern möchte. Es ist kein Verein nur für Imker, sondern ein Verein, der ganz normale Leute einladen will, um zu zeigen, was in der Umwelt so vor sich geht. Denn jeden September kontatkieren mich Leute und sagen, sie brauchen Hilfe, denn sie hätten Bienen im Haus – aber es stimmt nicht. Sie haben Wespen im Haus. Also würde ich gerne erstmal damit anfangen, den Unterschied zwischen Bienen und Wespen und Hornissen zu erklären und zu zeigen, wie ein Wespen- oder Hornissennest aussieht – damit die Leute mich nicht mehr anrufen, um die Dinger zu entfernen. Denn das macht auch mir ein bisschen Angst! Leider entfernt unser neuer Bee Cop in New York die auch nicht mehr...

 

Es gibt einen Bee Cop?

Ja, seit 15 Jahren in etwa. Man ruft ihn, wenn man beispielsweise einen Bienenschwarm in seinem Garten  hat - dann kommt er, sammelt den Schwarm ein und findet ein neues Zuhause für sie.
 

Wie sollte man sich denn verhalten, wenn man einem Bienenschwarm begegnet?

Was wichtig ist: Ruhe bewahren. Ich bin schon nur in Shorts und T-Shirt mitten in einem Schwarm gestanden. Sie stechen nicht, denn sie haben nichts zu beschützen. Sie sind auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Also fliegen sie herum, stoßen vielleicht mit einem zusammen, rempeln sich gegenseitig an, bis sie einen Platz zum Sitzen und Warten finden, während sie Späher aussenden, um ein neues Zuhause zu suchen.  Und hier kommt unser Bee Cop ins Spiel: Entweder saugt er sie mit einer Art Staubsauger auf oder, wenn sie an einem Baum hängen, stellt man eine Kiste darunter und schüttelt den Schwarm hinein. Solange ihre Königin dabei ist, sind die Bienen happy und folgen ihr. Manche Imker wählen sogar die langwierige Methode und fangen die Königin, setzen sie in die Kiste und warten ein paar Stunden, bis das Volk ihrer Königin in die Kiste gefolgt ist. Dann holen sie die Kiste einfach ab. Aber wir New Yorker erledigen Dinge gern schnell deswegen bringen wir gern die Staubsauger zum Einsatz, das macht es auch irgendwie aufregender!


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Schon gewusst?

  • Frühlings-Honig ist heller und schmeckt blumiger, als Honig den die Bienen im Herbst produzieren - der schmeckt mehr nach Karamell. 
  • Bienen ventilieren den Rauch, den Imker zur Beruhigung einsetzen, mit ihren Flügeln aus dem Stock - erst dann wird wieder Honig produziert.
  • Bienen sind sehr saubere Tiere. Ihr „Geschäft” erledigen sie außerhalb des Stocks.